Bagatellschaden

Schaden ist nicht gleich Schaden - dies gilt in alltäglichen Lebenssituationen ebenso wie im öffentlichen Straßenverkehr. Liegt der Wert einer Schädigung von Personen oder dinglichen Objekten unterhalb einer bestimmten Eurogrenze, wird von einem Bagatellschaden gesprochen. In der Kfz-Versicherung ergeben sich für die Regulierung dieser Schäden andere Maßstäbe als bei einem höheren Schadenswert, auch die Kostenübernahme oder die Analyse solcher Schäden durch einen Sachverständigen bringt andere Überlegungen und Schlussfolgerungen mit sich. Wer regelmäßig mit dem Auto unterwegs ist und sich fragt, ob bei einem Kratzer als Bagatellschaden das Entfernen vom Unfallort erlaubt ist, sollte die folgenden Informationen lesen.

Wann bezeichnet man einen Schaden als Bagatellschaden?

Bei einem Bagatellschaden handelt es sich um einen Blechschaden. Entstanden ist dieser Schaden bei einem Verkehrsunfall. Dies bedeutet zum einen, dass es keinen Personenschaden als Folge dieses Unfalles gegeben hat. Gleichzeitig muss der entstandene Schaden die Mindestgrenze von einem festgesetzten Sachwert erheblich unterschreiten. Festgesetzt werden diese Mindestgrenzen für Unfälle, die durch Behörden aufgenommen werden. Bei der aufnehmenden Behörde handelt es sich in der Regel um die Polizei. Wird ein Unfall verursacht, wird nicht automatisch ein Bußgeld fällig. Dies kann dadurch schon wegfallen, wenn der Unfall nicht vor Ort aufgenommen wird. Trotzdem besteht natürlich für Geschädigte der Anspruch auf einen Schadensersatz.

Was wird genau unter einem Bagatellschaden verstanden?

Im allgemeinen Sprachgebrauch ist sofort ersichtlich, wann es sich um einen Bagatellschaden handelt. Eine Bagatelle wird auch in anderen Lebensbereichen als Kleinigkeit oder Nichtigkeit verstanden, als Schaden an einem Auto kann dies z. B. eine Schramme im Lack, ein abgebrochener Außenspiegel oder eine zerstörte Scheibe sein. Alleine dem Begriff Bagatellschaden liegt kein fester Eurowert zugrunde, bis zu dem der Schaden als Bagatelle gewertet wird und hierüber hinaus nicht mehr. Allerdings legen die Versicherungen in Deutschland dies im Rahmen ihrer Versicherungsbedingungen fest und geben dem einzelnen Kunden Sicherheit für die Regulierung solcher Schäden. Durchgesetzt hat sich im deutschen Versicherungswesen ein Grenzbetrag von 700 bzw. 750 Euro - liegt der Schadenswert hierunter, darf von einer Bagatelle gesprochen werden.

Wesentliche Unterschiede zwischen Bagatellschäden und anderen Schäden

Die oben genannten Schadensbeispiele mit einem Wert unter 750 Euro sind meist nicht die Folge eines größeres Verkehrsunfalls mit komplexem Schadenshergang. Stattdessen lässt sich sehr einfach sagen, wie der Schaden entstanden ist und wer sich hierfür als Schädiger verantwortlich zeigt. Der Einsatz von Gutachtern und Sachverständigen zur genauen Bewertung des Schadens am Auto ist dabei bei einem Bagatellschaden unüblich. Grund ist vorrangig, dass die leistungspflichtige Versicherung die Kosten für einen Sachverständigen ablehnen kann, Einzelfälle bestätigen hier natürlich die Ausnahme. Für die Regulierung des Bagatellschadens wird daher auf andere Instanzen vertraut, z. B. den Kostenvoranschlag einer Kfz-Werkstatt. Die Versicherungen in Deutschland verfügen natürlich über Erfahrungen mit vielen Arten von Bagatellschäden und erkennen so schnell, ob der angesetzte Betrag für die Schadensbeseitigung im üblichen Rahmen liegt.

Bei Anrichten eines Bagatellschadens korrekt handeln

Während im Versicherungsrecht zwischen Bagatellschaden und hochwertigeren Schäden differenziert wird, sieht dies zivilrechtlich anders aus. So ist der Schädiger unabhängig vom Charakter des Schadens gezwungen, den Geschädigten ausfindig zu machen, der Schadensort darf nicht unerlaubt verlassen werden. Dies wird gemeinhin als Fahrerflucht gewertet, selbst wenn ein anderes Auto lediglich einen kleinen Kratzer im Lack abbekommen hat. Genauso wenig ist es ausreichend, am geschädigten Auto einen Zettel unter den Scheibenwischer zu klemmen und sich hiernach einfach zu entfernen. Selbst bei einem Bagatellschaden ist die Rechtsprechung relativ streng und kann bis zum Führerscheinentzug führen.

Die Regulierung des Bagatellschadens und seine Besonderheiten

Wie bei jedem anderen Schaden auch, hat der Schädigende seine Versicherung zeitnah über den erzeugten Bagatellschaden in Kenntnis zu setzen. Die Versicherung informiert hiernach über weitere Formalitäten und übernimmt ohne Prüfung durch einen Sachverständigen nach interner Prüfung die Kosten. Wie bei größeren Schadenswerten sollte auch bei Bagatellschäden niemand direkt am Unfallort ein Schuldeingeständis in mündlicher oder schriftlicher Form abgeben, unabhängig davon, wie eindeutig die Schadenssituation gelagert ist.

Neben der Versicherung sollte je nach Schaden auch die Polizei informiert werden. Dies gilt gerade dann, wenn der Geschädigte nicht ausfindig zu machen ist und der Schädiger eine angemessene Zeit am Schadensort gewartet hat. Wie lange er warten muss, ist leider vielfach Auslegungssache der Verkehrsgerichte, grundsätzlich wird bei einem Bagatellschaden weniger streng als bei größeren Schadenswerten geurteilt.

Sollte es zu einer tatsächlich bzw. rechtlich so ausgelegten Unfallflucht gekommen sein, muss dies nicht zwingend den Verlust des Versicherungsschutzes bedeuten. Die jüngste Rechtsprechung in Deutschland zeigt, dass der Versicherte weiterhin auf die Regulierung des Schadens durch seine Kfz-Versicherung vertrauen kann. Hierfür hat dieser jedoch unmittelbar nach Eintritt des Schadens seine Versicherung zu informieren. Natürlich wird die entsprechende Situation stets im Einzelfall genauer überprüft.

Bagatellschäden und ihre Folgen für den Versicherungsschutz

Durch den Verzicht auf einen Sachverständigen deuten die Kfz-Versicherungen in Deutschland bereits an, dass die Regulierung bei Bagatellschäden verhältnismäßig einfach und schnell erfolgen kann. Viele Schäden dieser Art sind in ihrer Entstehung sehr eindeutig, Diskussionen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer sind somit selten. Dennoch hat die Regulierung durch den Versicherer Auswirkungen auf den fortlaufenden Versicherungsschutz. Der Versicherte muss mit einer Hochstufung seiner Schadenfreiheitsklasse rechnen, wenn er für sein Auto bzw. den Schaden eines Schadensgegners Versicherungsleistungen in Anspruch nimmt. Die Folge hiervon ist im Regelfall, dass er ab dem nächsten Versicherungsjahr einen höheren Beitrag zu zahlen hat.

Bei einem Bagatellschaden lohnt es sich daher, den Schadenswert und die drohende Beitragserhöhung einander gegenüberzustellen. Möglicherweise ist es für den Betroffenen günstiger, den Schaden aus eigener Tasche zu bezahlen und hierfür im nächsten Jahr wieder in eine bessere Schadenfreiheitsklasse aufzusteigen. Auf welchem Schadenswert sich diese Überlegung lohnt, kann nicht pauschal gesagt werden und sollte von der aktuellen SF-Klasse und der Beitragshöhe des Versicherten abhängig gemacht werden. Eine Alternative ist die Tarifoption des Rabattretters. Hier kann sowohl bei einem Bagatellschaden als auch anderen Schäden die Leistung der Versicherung beansprucht werden, ohne dass dies die Schadenfreiheitsklasse negativ beeinflusst.

Regeln zur Vermeidung des Tatbestandes Unfallflucht

Damit bei diesem Verkehrsunfall kein Tatbestand der Unfallflucht erfüllt ist, gilt es einige Regeln zu beachten. Das kann besonders dann von Bedeutung sein, wenn ein geparktes Auto beschädigt wird. Dann hat der jeweilige Verkehrsteilnehmer am Unfallort eine gewisse Zeit zu warten. Taucht der Besitzer des Autos nach einer angemessenen Wartezeit nicht auf, so hat der Verursacher des Schadens seine Adresse zu hinterlassen. Erst dann kann er sich von der Unfallstelle entfernen, um dann das nächste Polizeirevier aufzusuchen. Auf dem Revier kann nun der Bagatellschaden gemeldet werden.

Aufnahme eines Unfalles

Liegt ein Unfall vor, bei dem es zu einem Bagatellschaden gekommen ist, wird vor Ort von Amts wegen keine Aufnahme des Unfalles erfolgen. Es ist natürlich möglich, dass die Aufnahme eines Unfalles auf der Grundlage des Wunsches eines der Beteiligten an diesem Unfall durchgeführt wird. Diese Maßnahme ist in diesem Moment, in dem sie als tehnische Hilfeleistung gilt, allerdings nicht kostenfrei. Beteiligte an einem Unfall sind zur Zahlung eines Entgeltes verpflichtet. Für die Aufnahme von einem Unfall durch eine Behörde oder genauer gesagt, die Polizei, spricht die Vermutung von einem im Moment möglicherweise nicht erkennbaren Schaden.

Generelle Vorgehensweise bei einem Unfall

Gebrauchtwagen mit Bagatellschaden
  • Bei jedem Unfall ist die Fahrbahn zu räumen.
  • Im Anschluss daran ist ein Unfallbericht auszufüllen. Dabei tauschen die Fahrzeugführer ihre Anschriften und die jeweiligen Versicherungsscheine aus.
  • Für den Fall aller Fälle kann es empfehlenswert sein, wenn ein Fotoapparat im Verbandkasten mitgeführt wird.
  • Gibt es Zeugen, kann es helfen, wenn diese nach ihren Anschriften gefragt werden.
  • Allgemein gilt jedoch, dass die Polizei stets zu informieren ist, wenn ein Bagatellschaden die Folge eines Unfalles ist. Dabei spielt die Größe des Schadens absolut keine Rollen.

Sonderregelung in Brandenburg

Im Rahmen eines entstandenen Schadens wurde für Brandenburg durch das Innenministerium eine Verwaltungsvorschrift erlassen, die die Aufnahme des Schadens durch die Polizei regelt. Gesprochen wird dabei auch von der Blaulichtsteuer. Für einen Einsatz der Polizei würde in diesem Fall eine Gebühr von 40,00 Euro fällig werden.

Wird ein Gutachter bei einem Bagatellschaden von der Versicherung bezahlt?

Bei einem Bagatellschaden wird in der Regel kein Gutachter von der Versicherung bezahlt. Ein Gutachter wird normalerweise dann hinzugezogen, wenn ein umfassendes Gutachten erforderlich ist, beispielsweise bei größeren Schäden oder wenn Streit über die Schadenhöhe besteht. Bei einem Bagatellschaden handelt es sich jedoch um einen geringfügigen Schaden, bei dem keine aufwändige Begutachtung erforderlich ist. In solchen Fällen kann die Versicherung stattdessen ein Kurzgutachten anfordern, das eine vereinfachte Einschätzung des Schadens und der Reparaturkosten beinhaltet. Die Kosten für ein Kurzgutachten können je nach Versicherungspolice und individuellen Vertragsbedingungen variieren. Es ist ratsam, die genauen Details mit der eigenen Versicherungsgesellschaft abzuklären, um Missverständnisse zu vermeiden.

Schadenrückkauf prüfen beim Bagatellschäden

Beim allen gemeldeten Schäden am Fahrzeug besteht die Möglichkeit, den Schadenrückkauf zu prüfen.

Wenn es sich z.B. um einen geringfügigen Sachschaden handelt, kann der Fahrer vorher entscheiden, ob er den Schaden bei der Versicherung meldet oder ob er die Reparaturkosten selbst trägt. Oftmals handelt es sich um kleine Dellen oder Kratzer im Blech, die kosmetisch stören, aber keine sicherheitsrelevanten oder funktionalen Beeinträchtigungen mit sich bringen. In solchen Fällen kann es wirtschaftlich sinnvoller sein, die Reparatur selbst zu zahlen und die Schadenmeldung bei der Versicherung zu vermeiden.

Der Schadenrückkauf ermöglicht es dem Fahrer, die Kosten für die Reparatur selbst zu tragen, ohne dass der Schaden in der Versicherungshistorie vermerkt wird. Diese Option besteht auch nach der Schadenmeldung bei der Versicherung binnen eines Monats. Dadurch bleibt die Schadenfreiheitsklasse erhalten, was sich langfristig positiv auf die Versicherungsprämie auswirken kann.