§ 117 VVG - Dritthaftung bei Kfz-Versicherungen

von AF

Bei sämtlichen Kfz-Versicherungen kommt es zu einem Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und der jeweiligen Autoversicherung. Diese kann beispielsweise in Form der gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflicht oder eines zusätzlichen Kaskoschutzes bestehen. Das Vertragsverhältnis bringt Obliegenheiten für den Versicherten ebenso wie die Versicherungsgesellschaft mit sich, die unabhängig von möglichen Schadensfällen mit der Einforderung von Schadenersatz durch Dritte gegeben sind. Diese Ansprüche werden von sogenannten Dritten gestellt, bei denen sowohl der Versicherungsnehmer als auch die Kfz-Versicherung als Gesamtschuldner auftritt. Nach dem § 117 VVG und der sogenannten Dritthaftung kann ein Geschädigter stets auf einen Schadenersatz dieses Gesamtschuldners vertrauen, unabhängig davon, wie sich das Vertragsverhältnis zwischen dem Schädiger und seiner Kfz-Versicherung gestaltet.

Die Rolle des Dritten beim Verkehrsunfall und die Dritthaftung

Täglich treten Hunderte von Schäden oder größeren Unfällen im öffentlichen Straßenverkehr ein. Wer selbst einen Schaden durch einen anderen Verkehrsteilnehmer erlitten hat, besitzt nach deutscher Rechtsprechung ein Anrecht auf Schadenersatz in einer angemessenen Höhe. Durch den verpflichtenden Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung kann sich der Geschädigte darauf verlassen, dass der Schadenswert durch die generische Versicherung abgedeckt wird. Dies war vor einigen Jahrzehnten noch nicht so, wo kein verpflichtender Abschluss solcher Kfz-Versicherungen vorgeschrieben war. Schlimmstenfalls blieb der Geschädigte ganz oder teilweise auf den Schadenskosten sitzen, da der Schädiger den Schadenersatz nicht aus dem privaten Vermögen zahlen konnte.

Trotz des verpflichtenden Abschlusses einer Haftpflichtversicherung bliebe ohne den § 117 VVG und die Dritthaftung ein Restrisiko für den Geschädigten, nicht auf die Gewähr von Schadenersatz vertrauen zu können. Der Schaden kann z. B. unter besonderen Bedingungen eingetreten sein, die Kfz-Versicherungen von der Pflicht zur Leistungsübernahme entbinden können. Ein Klassiker ist die Trunkenheit am Steuer oder das Führen des Fahrzeugs unter Drogeneinfluss, was ein Ausschlusskriterium für die Leistungsübernahme bei vielen Versicherungstarifen darstellt. Mit der Dritthaftung nach § 117 VVG kann sich der Geschädigte dennoch darauf verlassen, einen angemessenen Schadenersatz von der gegnerischen Kfz-Versicherung gewährt zu bekommen.

Verlust des Versicherungsschutzes bei Kfz-Versicherungen

Es gibt zahlreiche Gründe, warum ein Versicherungsnehmer den Schutz seiner Kfz-Versicherung einbüßen kann. Glücklicherweise treten all diese Gründe im Fahralltag nur sehr selten auf, sorgen jedoch in jedem Einzelfall für größere Komplikationen zwischen allen Beteiligten. Ein wesentlicher Grund für den Leistungsausschluss ist mit dem Konsum von Alkohol und anderen Drogen bereits genannt worden. Viele Kfz-Versicherungen schließen in ihren Tarifen die Übernahme von Schäden aus, die durch ein grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt wurden. Noch extremer gestaltet sich die Situation, wenn der Schadensfall mit Absicht herbeigeführt wurde und so selbstverständlich keine Ansprüche auf Versicherungsleistungen bestehen.

Weitere Gründe für das Entsagen von Versicherungsleistungen können die Nutzung des Fahrzeugs durch einen nicht berechtigten, z. B. minderjährigen Fahrer sein. Auch die Teilnahme an illegalen Rennen mit Schadensfolge oder ein Erlischen des Versicherungsschutzes durch den Beitragsrückstand des Versicherungsnehmers schränken die Versicherungspflicht ein und stellen sämtliche Kfz-Versicherungen von ihrer Leistungspflicht frei. All diese Ereignisse weisen eine Gemeinsamkeit auf: Sie stellen ein Fehlverhalten des Versicherungsnehmers dar und sollten im Schadenfall nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden. Genau dies wird durch die Dritthaftung gemäß § 117 VVG sichergestellt.

Was genau die Dritthaftung nach § 117 VVG aussagt

Der § 117 VVG sagt grundlegend aus, dass Verpflichtungen gegenüber Dritten bei Eintritt eines Versicherungsfall selbst dann bestehen bleiben, wenn diese Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer ganz oder teilweise erloschen ist. Anders ausgedrückt, gewähren Kfz-Versicherungen in Deutschland dem Geschädigten bei eindeutig festgestellter Haftpflicht in jedem Fall einen Schadenersatz, unabhängig von der Art der Schadensherbeiführung und der Beziehung zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer. Wer einen Schaden im Straßenverkehr erlitten hat, kann sich also auf die Begleichung des Schadens durch die gegnerische Kfz-Versicherung verlassen, selbst wenn der Schaden unter den oben genannten Umständen eintrat und eine Befreiung der Versicherungspflicht mit sich zöge.

Die Dritthaftung nach § 117 VVG lässt einen Geschädigten nicht auf seinem erlittenen Schaden sitzen, wenn gegenüber dem Schädiger keine Leistungspflicht besteht. Für den Geschädigten ist es somit nur wichtig, nach Eintritt des Schadensfalls die gegnerische Kfz-Versicherung genannt zu bekommen. Extremfälle wie die Fahrerflucht des Schädigers, die einen kriminellen Tatbestand in Deutschland und vielen weiteren Ländern darstellt, sind somit die einzige Situation ohne Übernahme eines Schadenersatzes. Auch für diesen Fall gibt es eine Regelung unter den deutschen Kfz-Versicherungen, doch dazu später mehr.

Ausnahmen und Einschränkungen bei der Dritthaftung nach § 117 VVG

Jenseits der oben geschilderten Regelung können Kfz-Versicherungen die Dritthaftung gemäß § 117 VVG in einzelnen Spezialfällen ablehnen. Dies gilt beispielsweise, wenn das Fahrzeug den Schaden während einer kriminellen Handlung herbeiführte oder der Versicherungsnehmer gegen sonstige gesetzliche Obliegenheiten verstoßen hat. Hier gibt es mehr oder weniger kundenfreundliche Klauseln in den Tarifen der Kfz-Versicherungen, um einen Geschädigten auch in diesen Situationen nicht gänzlich leer ausgehen zu lassen.

Hierneben kann es zu Einschränkungen der Dritthaftung kommen, was gerade für die Deckungssummen gilt. Hierzu ist zu wissen, dass der Gesetzgeber in der Haftpflichtversicherung Mindestdeckungssummen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden vorschreibt, die von den meisten Kfz-Versicherungen und ihren Tarifen allerdings verbessert angeboten werden. Kommt es zu einem Schaden und tritt die Dritthaftung gemäß § 117 VVG ein, beschränkt sich der Schadenersatz nur auf die gesetzlichen Mindestdeckungssummen. Diese reichen in den meisten Fällen aus, lediglich bei sehr teuren Schäden im zweistelligen Millionenbereich könnte die Versicherungsleistung nach § 117 VVG einen Differenzbetrag hervorbringen.

Zu guter Letzt müssen Kfz-Versicherungen keine Leistungen gemäß § 117 VVG erbringen, wenn eine andere Pflichtversicherung für den Schaden aufkommt. Beispielsweise kann der Schaden in den Geltungsbereich der Kaskoversicherung des Geschädigten fallen, bei Personenschäden können Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung möglich werden. Ist dies erfüllt und werden die Leistungen in ausreichender Höhe gewährt, müssen Kfz-Versicherungen nicht zusätzlich für einen Schadenersatz aufkommen. Solche Umstände sind im Einzelfall zu prüfen, treten in der Praxis jedoch relativ häufig auf und erlassen den Kfz-Versicherungen ihre Leistungspflicht nach § 117 VVG.

Regressansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer

Für das Opfer eines Verkehrsunfalls oder sonstigen Schadenfalls ist der Sachverhalt mit Auszahlung des Schadenersatzes erledigt. Dies gilt jedoch nicht zwischen der Autoversicherung und dem Versicherungsnehmer, der unter Drogen- und Alkoholeinfluss gefahren ist oder gar kein zulässiger Fahrer für das entsprechende KFZ war. In diesem Fall ist es üblich, Regressforderungen seitens der Kfz-Versicherung zu stellen. Dies bedeutet, der Versicherungsnehmer muss für den Schadenersatz persönlich aufkommen, der an den Geschädigten ausgezahlt wurde. Der Regress kann je nach Art des Schadens und des Verstoßes die gesamte Summe oder einen Teilbetrag des Schadenersatzes umfassen. Näheres hierzu regelt der jeweilige Vertrag, wobei es auch Unterschiede zwischen den Kfz-Versicherungen gibt.

Sehr starke Tarife deutscher Autoversicherungen schließen mittlerweile Risiken in den Versicherungsschutz ein, die früher klassische Fälle für die Dritthaftung nach § 117 VVG darstellten. So lassen sich Risiken wie die Fahrt unter Alkoholeinfluss oder die grobe Fahrlässigkeit mit in den Tarif der Kfz-Versicherung einschließen, was eine höhere Jahresprämie mit sich bringt. Manche Kfz-Versicherungen gehen den umgekehrten Weg und schließen automatisch grobe Fahrlässigkeit und andere Risiken mit ein, erwähnen jedoch ebenso Leistungsausschlüsse wie bei der Fahrt unter Drogen. Hier heißt es, vor dem Abschluss der Autoversicherung genau auf den Vertragstext zu achten, um sich als Versicherungsnehmer gegen Regressansprüche durch die eigene Versicherung zu schützen.

Haftpflicht muss für Dritthaftung eindeutig erkennbar sein

Sämtliche Überlegungen zur Dritthaftung nach § 117 VVG haben bislang vorausgesetzt, dass die Schadenssituation eindeutig geklärt und die Rollen von Schädiger und Geschädigtem unverwechselbar verteilt sind. Genau dies ist im alltäglichen Straßenverkehr nicht immer der Fall, bei vielen Schäden liegt eine Teilschuld beider Seiten vor. Selbst wenn der Schadensgegner alkoholisiert gefahren ist oder grob fahrlässig gehandelt hat, muss ihn nicht alleine die Schuld am eingetretenen Schadensfall treffen.

Genau deshalb ist es bei allen Kfz-Versicherungen üblich, eine genaue Überprüfung des Schadenshergangs vorzunehmen, was schlimmstenfalls zum Gang vor ein Verkehrsgericht führt. Gutachter bzw. Richter haben abzuklären, wie sich die Schuldfrage gestaltet und zu welchem Anteil deshalb ein Recht auf Schadenersatz besteht. Die Dritthaftung nach § 117 VVG als solche bleibt hiervon allerdings unberührt. Stellt das Verkehrsgericht beispielsweise fest, dass beide Seiten zu gleichen Teilen Schuld am Schadensfall hatten, kann die eine geschädigte Seite weiterhin von der Dritthaftung profitieren und erhält ihren Schadenersatz trotz des Fehlverhaltens des Schadensgegners. Bis zu diesem Schritt sind lediglich viele Formalitäten zu erwarten, außerdem dürfte die Schadensregulierung Wochen und Monate in Anspruch nehmen.

Auch ohne Dritthaftung und direkten Schadensgegner Schadenersatz erhalten

Zum Abschluss sei auf den Sonderfall hingewiesen, der über die Dritthaftung nach § 117 VVG hinausgeht. Diese tritt schließlich dann ein, wenn der Schadensgegner zwar ein Fehlverhalten aufweist, jedoch für den Geschädigten erreichbar ist. Dies sieht im Extremfall einer Unfallflucht anders aus, wo weder das gegnerische Fahrzeug noch dessen Fahrer aufzufinden ist. In diesem Fall besitzt der Geschädigte absolut keinen Ansprechpartner für die Schadensregulierung und müsste den Schaden aus privater Tasche begleichen.

Sollte der Extremfall eintreten, hat sich der Geschädigte an die eigene Autoversicherung zu wenden. Sämtliche Kfz-Versicherungen sind in einem gemeinschaftlichen Fonds vereinigt, aus dem solche Schadensfälle beglichen werden und den Geschädigten nicht auf seinen Kosten sitzen lassen. Bevor es zu einer solchen Auszahlung kommt, muss der Geschädigte allerdings eine angemessene Zeitspanne verstreichen lassen, damit der tatsächliche Schädiger beispielsweise durch polizeiliche Ermittlungen aufgespürt werden kann.