Berechnung der Karosseriesicherheit mit Finite-Elemente
von AF
Ein komfortables Fahrgefühl gewinnt im Bereich der Automobilindustrie immer mehr an Bedeutung. Störfaktoren, wie die Vibrationen des Motors oder Bodenwellen sollten im Idealfall nicht im Innenraum zu spüren sein. Um das realisieren zu können, werden immer umfangreichere Fahrwerkskonzepte entwickelt, um den steigenden Sicherheits- und Komfortansprüchen gerecht zu werden.
Die Automobilindustrie, insbesondere die Entwicklungsabteilungen müssen immer bessere Leistungen erbringen und das in kürzester Zeit und mit einem massiven Kostendruck. Um diesen Bereich zu optimieren hat sich in den letzten Jahren die sogenannte numerische Simulation besonders etabliert. Besonders vorteilhaft an diesem Verfahren ist, dass es die geforderten Aussagen reproduzierbar und schnell liefert und somit auch Variantenuntersuchungen und Modifikationen besonders vereinfacht. Außerdem ist das Verfahren in der Regel sehr kostengünstig. Hauptsächlich wird dieses Verfahren mit den Namen Finite-Elemente-Methode in der Automobilbranche eingesetzt. Doch diese Methode ist noch lange nicht ausgeschöpft und wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich weiterentwickeln.
Berechnet werden mit der Finite-Elemente-Methode heutzutage überwiegend Bauteilfestigkeiten und Steifigkeiten, akustische Eigenschaften, Schwingungen, die Aerodynamik, die Verbrennungsprozesse im Motor, das Fahrverhalten, die Wärmeleistung und die Blechumformvorgänge. All diese Bestandteile der Untersuchung sind wichtig um die Karosseriesicherheit zu überprüfen und zu verbessern.
Die Geschichte der Finite-Methode
Die ersten Nachweise im Bereich der Finite-Methode wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts geliefert. Zu dieser Zeit entwickelte Karl Schellbach ein mathematisches Verfahren. Nach und nach wurde das Verfahren dann von Wissenschaftlern verbessert bis im Jahre 1942 Alexander Hrennikoff ein Modell entwickelte, dass die Berechnung deutlich vereinfachte. Zwei Jahre danach wurden von Prager, Synge und Courant Differentialgleichungen herangezogen, wodurch die verschiedenen Probleme in Lösungsgebiete unterteilt werden. Diese entsprachen schon sehr stark dem Grundgedanken von der heute bekannten Finite-Elemente-Methode.
Wie bereits erwähnt handelt es sich bei der Finite-Elemente-Methode um ein numerisches Verfahren, welches das komplette Gebiet in verschiedene Bereiche unterteilt. Diese Bereiche werden wiederum als Elemente bezeichnet.
Erklärung der Finite-Methode
Um dieses Methode etwas anschaulicher zu erklären, wird bei der Erklärung zunächst eine Lochplatte genutzt. Wenn äußere Kräfte auf einen Körper, in diesem Fall die Lochplatte, wirken dann verformt er sich. Um diese Verformung berechnen zu können, wird die Finite-Elemente-Methode im Bereich der Karosseriesicherheit häufig eingesetzt. Verwendet wird für diese Berechnung in der Regel eine FE-Software. Anhand der Eckdaten und der Geometrie, der im Beispiel verwendeten Lochplatte, wird dann ein Modell für den Rechner konstruiert. Dabei muss die Lochplatte zunächst vernetzt werden. Das erfolgt durch eine Aufteilung, beispielsweise über die Linien. Anhand dieser Aufteilung wird dann ein Netz mit den Elementen generiert. Je genauer diese Aufteilung, desto mehr Elemente erhält man und umso größer wird wiederum auch der Rechenaufwand. Grundsätzlich kann es sich bei diesen Elementen um viele verschiedene Typen handeln. Darunter auch Eindimensionale, Zweidimensionale oder Dreidimensionale.
Die lineare und nichtlineare Finite-Elemente-Methode
Grundsätzlich unterscheidet man bei der Finite-Elemente-Methode zwischen der nichtlinearen und linearen Methode. Im Bereich der Mechanik wird die lineare Methode allerdings nur für Systeme mit kleineren Verformungen eingesetzt. Wenn allerdings größere Deformationen mit nichtlinearen Materialeigenschaften berechnet werden müssen, dann muss man wiederum die nichtlineare Finite-Elemente-Methode verwenden.
Karosseriesicherheit: Die Anwendung der Finite-Methode im Bereich Randbedingungen und Materialeigenschaften
Damit die Berechnung der Finite-Elemente so realitätsgetreu wie möglich durchgeführt werden kann, werden die Werkstoffkennwerte (z.B. das Steifigkeitsverhalten der Autokarosserie) benötigt. Zusätzlich dazu müssen auch die Fixierungen bzw. die Bewegungsfreiheitsgrade und die Randbedingungen im Vorfeld definiert werden, sowie die Eigenschaften des Materials. Wenn die Berechnung allerdings auch temperaturabhängige Veränderungen miteinbeziehen soll, müssen auch noch andere Daten mit in die Berechnung miteinbezogen werden. Im Automobilbereich müssen so auch die elektrischen Materialkonstanten definiert werden wie zum Beispiel die Leitfähigkeit. Durch diese Berechnungen kann die Karosseriesicherheit deutlich verbessert werden, da die Veränderungen der Karosserie unter bestimmten Bedingungen im Vorfeld festgelegt werden kann. Und das hilft wiederum auch dabei, die Karosserieeigenschaften nachhaltig zu verbessern, um so die Karosseriesicherheit zu verbessern.
Inzwischen gibt es in diesem Bereich zahlreiche Dienstleister im Bereich Automobilkonstruktion, die sich auf die Finite-Methode spezialisiert haben. Dabei werden nicht nur Optimierungswerkzeuge eingesetzt, sondern auch innovative Karosseriestrukturkonzepte. Das ermöglicht wiederum, dass schon vor der Erstellung von CAD-Modellen alle möglichen Gestaltungsfreiheiten genutzt werden können. Mit Hilfe eines nummerischen Auslegungswerkzeuges kann die Fahrzeugkarosserie dann mit einem sehr hohen Innovationsgrad weiterentwickelt werden. Dabei wird in der Regel auch eine virtuelle Karosserieentwicklung genutzt mit der die einzelnen Module und Komponenten des Fahrzeugs nummerisch berechnet und optimiert werden können. All das basiert wiederum auf die Finite-Elemente-Methode. Berechnungen werden dann in den Bereichen Festigkeit, Steifigkeit, Crashsicherheit, Schwingungsverhalten und Fußgängerschutz durchgeführt. Um die Karosseriesicherheit zu gewährleisten und zu verbessern werden bei der Optimierung auch folgende Bereiche miteinbezogen:
- Pendelprüfstand
- Crashanlage
- Servohydraulisches Prüfzentrum und Intrusionsprüfstand
- Beulsteifigkeit-, Beulfestigkeit und Hagelschlag
- 3D-Koordinatenerfassung und Oberflächenrückführung
- Stoßkolbenprüfstand für Fußgängerschutzuntersuchungen
Anbieter in diesem Bereich befassen sich dabei nicht nur mit der Anwendung der Finite-Elemente-Methode, sie verbessern sie auch stetig. Dabei werden auch Berechnungsaufgaben immer weiter automatisiert und vereinfacht.
Finite-Elemente-Methode: Was bedeutet Betriebsfestigkeit?
Bei der Betriebsfestigkeit handelt es sich um die Eigenschaft eines Bauteils oder einer Konstruktion eine Belastung, unter Einbeziehung der Umgebungsbedingungen wie zum Beispiel die Temperatur, auszuhalten. Ein statisch beanspruchtes Bauteil kann deutlich umfangreicher belastet werden, als ein zyklisch beanspruchtes Bauteil. Bei zyklischen Belastungen kann es sich zum Beispiel um regelmäßige Schwingungen handeln. Somit handelt es sich dabei um die typischen Belastungen eines Fahrzeugs in Betrieb. Zusätzlich zu den Belastungen haben auch das Fertigungsverfahren und die Geometrie des Bauteils einen entscheidenden Einfluss auf dessen Beanspruchbarkeit. Des Weiteren müssen auch die Umgebungsbedingungen wie Feuchte und Temperatur berücksichtigt werden. Einen besonders großen Anspruch hat der Leichtbau im Bereich der Betriebsfestigkeit beim Fahrzeugbau. Daher muss nicht nur eine sorgfältige Berücksichtigung, sondern auch eine umfangreiche Kenntnis vorhanden sein. Das Ziel der Betriebsfestigkeit besteht somit darin, dass die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs ein Fahrzeugleben lang gewährleistet werden kann und alle Sicherheitskomponenten erfüllt werden.
Die unterschiedlichen Belastungen
Während der Nutzung eines Fahrzeugs treten viele verschiedene Arten an Belastungen auf. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen Sonderereignissen, Betriebslasten und Missbrauch. Bei Sonderereignissen und Betriebslasten handelt es sich um die Belastungen während eines bestimmungsmäßigen Gebrauch des Fahrzeugs. Betriebslasten treten kontinuierlich auf, Sonderereignisse wiederum seltener. Trotzdem können diese zu einer Funktionsbeeinträchtigung und zu sicherheitsrelevanten Schäden des Fahrzeugs führen oder zu einer Reduzierung der Nutzungsdauer. Wobei die sogenannten Missbrauchsereignisse zu einer Beeinträchtigung der Funktion oder zu Schäden führen dürfen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das System und die Komponenten so ausgelegt sind, dass das Schadensbild deutlich zu erkennen ist, zum Beispiel durch ein schief stehendes Lenkrad.
Die nummerische Simulation
Die nummerische Simulation ermöglicht wiederum, dass schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Betriebsfestigkeit anhand von Prognosen und Daten ermittelt werden kann. Durch diese Auslegungssicherheit können wiederum zeit- und kostenintensive Versuchsschleifen vermieden werden. Und das unterstützt wiederum auch den Leichtbau. In diesem Bereich gewinnt die Lebensdauer von den schwingenden Bauteilen immer mehr an Bedeutung, so wie auch die Festigkeitsanalyse. Für die Optimierung und Bewertung sind nicht nur Geometriemodelle sondern auch Werkstoffcharakterisierungen sehr wichtig. Die Haltbarkeit eines Autos und die Karosseriesicherheit wird besonders durch die Schweißpunkte beeinflusst. So müssen während der Entwicklung auch die besonders stark belasteten Schweißpunkte erkannt werden und durch eine optimierte Konstruktion verbessert werden. Ein klassisches Mittelklasseauto besitzt so zum Beispiel rund 5.500 Schweißpunkte.
Der experimentelle Nachweis
Bevor Bauteile freigegeben werden können, erfolgt ein experimenteller Nachweis der Betriebsfestigkeit. Für den Lebensdauernachweis wird für jedes Bauteil eine bestimmte Prüfmethode festgelegt. So wird zum Beispiel geklärt, ob ein Einstufenversuch, eine Teilsystemprüfung oder ein Betriebslastennachfahrversuch den gewünschten Erfolg bringt. Durch die Festigkeitsprüfungen wird auch immer Kosten, Zeit und Aufwand optimiert. Da das sogenannte komplexe Systemverhalten eines Autos und der Prüfstand einen nichtlinearen Zusammenhang haben, kommen in diesem Bereich auch mathematische Nährungsverfahren zum Einsatz. Eine spezielle Iterationssoftware optimiert wiederum nach und nach den Prüfstand bis die Karosseriebauteile und Achsbauteile den erzeugten Lasten des Fahrzeugs entsprechen. Diese Prüfstandversuche haben im Vergleich zur Fahrprüfung auf der Straße den Vorteil, dass sie durch die Rafferprogramme ein ganzes Fahrzeugleben simulieren können und das im Bruchteil der Zeit. Außerdem sind die reproduzierbar.
Der Mehrkomponenten-Karosserie-Prüfstand
Ein gutes Beispiel für ein komplexes System ist der Prüfstand beim Mehrkomponenten-Karosserie-Prüfstand. Hier werden die Lasten über 19 servohydraulische Prüfzylinder eingeleitet. Durch besondere Ansteuerprogramme kann der Prüfstand so in ca. 3 Wochen einen Fahrbetrieb von über 300.000 km und deren Belastungen simulieren. Diese Prüfungseinrichtungen werden auch zur Analyse der Festigkeit von Bremsanlagen, Abgasanlagen oder Achsen eingesetzt.
Mögliche Umwelteinflüsse müssen auch berücksichtigt werden
Vor jeder Überprüfung der Festigkeit sollte allerdings abgewogen werden, ob zu der mechanischen Belastung der Bauteile auch noch Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Auch diese Einflüsse müssen dann beim Versuch simuliert werden. Daher gibt es viele Prüfungseinrichtungen, die so konzipiert sind, dass sie zusätzliche Umweltbedingungen in Form von Temperatur miteinbeziehen. Wenn die Schwachstellen eines Systems dann ermittelt wurden, dann erfolgt die Prüfung der Lebensdauer, der Fertigung, des Gewichts und der Kosten. Erst wenn nachgewiesen wurde, dass alle Systeme und Komponenten den Anforderungen gerecht werden, findet eine Freigabe für den Kundenbetrieb statt. Die endgültige Freigabe erfolgt allerdings erst nach diversen Erprobungsstrecken.