Das Prognoserisiko der Kfz-Versicherung
von AF
Sollte man in seinem bisherigen Leben als Fahrerin oder Fahrer eines KFZ einen Unfall erlitten haben, ist der Weg vom eigentlichen Unfall bis zur Reparatur des Fahrzeuges ein steiniger und mühsamer Weg durch den Dschungel der Bürokratie. So müssen unzählige Bögen und Formulare ausgefüllt werden. Kleine Fehler dabei können fatale Folgen für den Geschädigten haben, da entstehende Kosten eventuell nicht vollständig übernommen werden. So kann sich folgendes Problem ergeben - ein Unfall passiert, zunächst sieht es so aus, als ob der Unfall nicht sehr massiv war. Stellt es sich in einem späteren Gutachten heraus, dass der Schaden nun doch höher war, als z.B. der Restwert des Fahrzeuges, liegt das Risiko dieses Umstandes bei dem Schädiger des Unfalls, d.h. bei der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers. So können Schäden bis zu 130% des Restwertes repariert werden, solange ein aussagekräftiges Gutachten eines KFZ Sachverständigen vorliegt, sowie ein ernstes Interesse der Fahrzeughalterin / des Fahrzeughalters, genau dieses Fahrzeug wieder in den vorherigen Zustand zu versetzen. Hierbei gilt es einige Stolperfallen zu beachten, damit das geliebte Fahrzeug wieder in den Originalzustand versetzt wird.
Die Restwertermittlung des Fahrzeuges
Sollte es zu einem Unfall kommen und die Kfz-Versicherung wird eingeschaltet, um den erlittenen Schaden zu begleichen stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Reparatur. So wird von den Versicherungen zunächst geprüft, inwieweit eine Reparatur lohnt und sinnvoll ist, dafür wird zunächst zwischen zwei übergeordneten Zuständen unterschieden, dem technischen und wirtschaftlichem Totalschaden. So bedeutet ein technischer Totalschaden, dass das Fahrzeug nicht mehr im herkömmlichen Sinne in den originalen Zustand übergeführt werden kann und eine Reparatur in keinem wirtschaftlichen Sinne mehr steht. So kann dies z.B. bei einer verzogenen Karosserie der Fall sein, wenn keine Wiederherstellung mehr möglich ist und dementsprechend eine Instandsetzung nicht zweckmäßig ist.
Man unterscheidet weiterhin in einen wirtschaftlichen Totalschaden, welcher sich durch einen höheren Reparaturwert als Wiederbeschaffungswert auszeichnet. So lohnt eine Reparatur nicht, wenn der aktuelle Zeitwert des Fahrzeuges + der Wiederbeschaffungswert niedriger liegen als der Reparaturwert, welcher für die Beseitigung des Unfalls veranschlagt wird.
So ist es jedoch rechtens, wenn der Reparaturaufwand, wie oben erwähnt (Prognoserisiko) bis zu 30% höher liegt, als der vorher veranschlagte Wiederbeschaffungswert. Jedoch muss die Reparatur fachgerecht durchgeführt werden und die Grundlage der betreffenden Kostenschätzung muss durch einen Sachverständigen ermittelt wurden sein.
Der Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeuges hängt wiederrum von vielen Faktoren ab, z.B. von den örtlichen Gegebenheiten (ein Fahrzeug im Norden des Landes ist meist preiswerter zu erwerben, wohingegen das Preisgefüge im Süden etwas höher liegt). Weiterhin gilt es, nicht nur den reinen Wert des Fahrzeuges, z.B. nach Schwacke oder DAT zu ermitteln, sondern auch den üblichen Aufschlag der Händler mit in die Rechnung einzubeziehen. Es kann daher trotzdem noch lohnen eine genaue Aufstellung anzufertigen und das Fahrzeug dennoch reparieren zu lassen.
Unfallschäden am Fahrzeug
Zunächst sollte geprüft und ermittelt werden ob das Fahrzeug einen bleibenden und schwerwiegenden Unfallschaden aufweist. Dies ist gerade für Laien nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich, deshalb sollte das KFZ dringend von einem Sachverständigen genau unter die Lupe genommen werden um auch verdeckte Unfallschäden zu entdecken.
Verdeckte Schäden, wie z.B. defekte Sensoren oder ähnliches können erhebliche Folgeschäden nach sich ziehen und sollten deshalb ermittelt werden. Weiterhin bedeutet auch ein reparierter erheblicher Unfallschäden (ausgenommen Parkkratzer, o. ä.) eine nicht zu unterschätzende Wertminderung beim eventuellen Weiterverkauf des Fahrzeuges.
So sind vom Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das KFZ e.V. Richtlinien ausgearbeitet wurden, welche genau in einem solchen Sachverhalt unterstützen und anleiten sollen. Unter anderem ist hier erfasst, welcher finanzielle Ausgleich (merkantiler Wertausgleich) bei einem Unfallschaden vorzunehmen ist. So gilt es einen Mittelweg zwischen überzogenen Wertevorstellungen seitens des am Unfall Geschädigten, wie auch der zahlenden Versicherungsgesellschaft zu finden, welche natürlich den kostengünstigsten Weg gehen möchte.
Um eine Wertminderung durch einen Unfallschaden korrekt beziffern zu können sind deshalb differenzierte Überlegungen notwendig. Die technische Behebung des Schadens steht dabei außer Frage, d.h. ein korrekter Zustand des Fahrzeuges (z.B. Fahrtüchtigkeit) muss wieder in den originalen Zustand versetzt werden. Weiterhin, dies stellt die weitaus schwierigere Frage dar, gilt es den bei einem eventuellen Verkauf geminderten Marktwert zu ermitteln, welcher durch eine Abneigung / Zurückhaltung durch eventuelle Käufer entsteht. So steigt diese Wertminderung praktisch mit dem Umfang der Reparaturarbeiten, welche am Unfallfahrzeug durchgeführt wurden. Ein Unfallschaden in Höhe von z.B. 1000,- ist geringer hinsichtlich einer Wertminderung wie ein Unfall in Höhe von 10.000 Euro einzustufen. So ist z.B. in den Richtlinien festgelegt, dass ein "zweiter Unfallschaden" geringer einzustufen ist, als ein Erstschaden am Fahrzeug. Außerdem werden unter anderem Spezial / Einzelanfertigungen ausgeschlossen, da hierfür kein direkter Marktwert vorliegt.
Damit die korrekte Berechnung durchgeführt werden kann, werden Faktoren wie z.B. das Alter des Fahrzeuges oder die zurückgelegten Kilometer mit in die Berechnung einbezogen, auch die Anzahl der Vorhalter oder die Zusatzausstattung stellen zu berücksichtigende Merkmale dar. Abhängig von der Schwere des Schadens werden zur Berechnung der Wertminderung verschiedene Faktoren zu Rate gezogen, welche vom Wert des Fahrzeuges abgezogen werden, um den korrekten Restwert ermitteln zu können.
Man kann leicht erkennen, dass bei der Berechnung der anfallenden Reparaturkosten oder einer Wertminderung viele Dinge beachtet werden müssen. Insoweit ist das Prognoserisiko der Haftpflicht ein wichtiges Mittel, um eine klare Regelung zu treffen, welche zur Berechnung der Reparaturhöhe von Wichtigkeit ist.
Unfallschaden mit einem Neuwagen - Was passiert nun?
Sollte man als Fahrerin oder Fahrer eines Neuwagen einen Unfall haben, bzw. in einen Unfall verwickelt sein greifen andere Regelungen. Das Prognoserisiko / bzw. die 130%- Regelung ist hier nicht zuständig, mit der Kfz-Versicherung sind hier andere Regelungen zu treffen.
So gelten enge Vorschriften, um den Neuwert seines Fahrzeuges (immerhin verliert ein Neuwagen nach Zulassung zwischen 10% - 30% seines Wertes) von der Kfz-Versicherung ersetzt zu bekommen. Hierbei hilft es, die genauen Versicherungsbedingungen, bzw. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seiner Kfz-Versicherung zu studieren, um rechtsgültige Informationen zu bekommen. Die meisten Versicherer gewähren zwischen 12 - 24 Monaten diese Option, d.h. wenn innerhalb dieser Zeit ein Unfall passiert und das Fahrzeug der Fahrerin / des Fahrers einen Totalschaden erleidet, gilt der Anspruch des Neuwertersatzes.
Falls ein Unfall direkt nach Zulassung passiert (z.B. innerhalb der ersten 500km) sollte der Anspruch auf ein neues Fahrzeug, d.h. der Bereitstellung eines neuen Fahrzeuges geprüft werden. Man sollte außerdem unbedingt alle mit einem Unfall entstehenden Kosten, wie z.B. Taxifahrten, Mietwagen, Beratungskosten hinsichtlich anwaltlicher Hilfe, etc. aufgeschrieben und gesammelt werden, um im Falle eines Falles alle entstandenen Kosten ersetzt zu bekommen.
Die Verkehrsrechtschutzversicherung - eine wichtige Hilfe bei rechtlichen Unklarheiten, bzw. strittigen Gutachten
Sollte das Prognoserisiko greifen und die 130%-Grenze erreicht sein, kann es dem Geschädigten passieren, dass trotz aussagekräftigem Gutachten und bestehendem Interesse zur Reparatur des Fahrzeuges die Versicherung die höheren Kosten aus verschiedenen Gründen nicht übernehmen möchte. Hierbei gilt es, sein Recht durchzusetzen und einen Rechtsbeistand zu Rate zu ziehen. Viele Anwälte verlangen für eine Erstberatung Kosten in Höhe von mind. 30-100 Euro, welche bei Beratungsbeginn zu zahlen sind.
Um dieses Risiko abzuwälzen, sollte sich jede Fahrerin bzw. jeder Fahrer im Straßenverkehr den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung hinsichtlich Verkehrsrechtsschutz überlegen. So können z.B. folgende Kosten von der Versicherung übernommen werden:
- Kosten des eigenen Rechtsanwalts
- Gerichtskosten
- Kosten für eventuelle Gutachten und Sachverständige
- Bei einem eventuellen Verlust vor Gericht - die Kosten des gegnerischen Anwalts
- Reise -/ Übersetzungskosten
- Kautionsdarlehen
- eventuelle Kosten für eine telefonische Erstberatung
Hierbei ist zu prüfen, ob die Selbstbeteiligung bei einem Versicherungsfall nicht erhoben wird, sobald eine telefonische Erstberatung und damit Prüfung auf Erfolg bei der Versicherung durchgeführt wird. So kann der Versicherer z.B. die Kostenübernahme für einen drohenden Rechtsstreit ablehnen, falls dieser keine Aussichten auf Erfolg hat, bzw. sehr geringe Aussichten für einen Erfolg bietet.
Viele Versicherer bieten eine Absicherung in Höhe von 500.000 Euro - 5 Millionen Euro, dies ist bei Abschluss der Versicherung zu prüfen. Abhängig von der Selbstbeteiligung und der Schadensfreien Jahre in der Versicherung wird der zu zahlende Beitrag berechnet.
So hilft diese Rechtsschutzversicherung natürlich nicht nur bei strittigen Fällen hinsichtlich der Reparaturhöhe eines Unfallfahrzeuges, sondern auch bei unklaren und strittigen Situationen, welche durch einen Unfall entstehen können. Falls die Schuldfrage nicht klar ist, oder unhaltbare Vorwürfe gemacht werden, hilft die Versicherung, sein Recht effektiv durchsetzen zu können. Auch andere Sachverhalte, wie z.B. verdeckter Mängel beim Kauf eines Gebrauchtwagens durch die Versicherte / den Versicherten können durch die Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden. Weiterhin kann die Verkehrsrechtsschutz helfen, falls der Führerscheinentzug durch zu schnelles Fahren in Gefahr gerät. Die Rechtsschutzsversicherung prüft dann gemeinsam mit dem Betroffenen / der Betroffenen die Möglichkeiten, um dieser Situation zu entgehen.
Eine wichtiges Hilfsmittel, um einem Streit in dieser Situation zu entgegen, stellt die Unfallskizze von Kfz-Versicherungsvergleich.net dar, welche es der Geschädigten / dem Geschädigtem erlaubt eine für alle am Unfall Beteiligten einheitliche Skizze zu erstellen. Durch diese Skizze kann die eigene Aussage effektiv untermalt werden und bietet vor allem im Falle eines Rechtstreits einen wichtigen Rettungsanker. So können am Unfall beteiligte Fahrzeuge, Straßenverläufe, Kreuzungen, Bäume, etc. in der Unfallskizze platziert und ausgerichtet werden.
Unfall - Wie am besten vorgehen? - Tipps für die Praxis
Sollte es trotz grober Rücksicht im Straßenverkehr einmal zu einem Unfall kommen, gilt es einige Punkte zu beachten, um am Ende nicht auf dem Schaden bzw. Teile eines Schadens sitzen zu bleiben.
Direkt nach dem Unfall sollte zunächst die Unfallstelle abgesichert werden, um eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs und sich selbst, wie auch dem Unfallgegner / Unfallpartner auszuschließen. Danach sollte man direkt sich selbst und auch andere auf Verletzungen prüfen um im Falle einer Verletzung des Rettungswagen rufen. Sollten Erstmaßnahmen notwendig sein, gilt es diese nun durchzuführen.
Falls kein Bagatellschaden (besonders geringer Schaden) vorliegt, gilt es die Polizei zu rufen, um den Schaden aufzunehmen. Auf keinen Fall sollte man die am Unfall beteiligten Fahrzeuge verschieben oder bewegen, falls dies nicht unbedingt durch eine erhebliche Behinderung des Verkehrs notwendig gemacht wird. Es gilt zunächst, eine handschriftliche Skizze des Unfalls und Unfallhergangs anzufertigen. Wichtig sind außerdem Fotos als Beweis, hierbei kann man einfach ein modernes Handy / Mobiltelefon oder eine Einmalkamera benutzen, welche direkt im Fahrzeug deponiert werden kann. (Dashcams können auch hier helfen)
Nach Abwicklung der ersten Modalitäten (Aufnehmen der Zeugenaussagen, etc.) sollte man seine Versicherung und der Versicherung des Unfallgegners Auskunft erteilen. Obwohl der Schaden am eigenen Fahrzeug noch so klein erscheint, lohnt sich oft der Gang zur Kfz-Werkstatt, um den genauen Schaden am Fahrzeug zu ermitteln und sich so vor versteckten Schäden zu schützen. Hierbei gilt es zu beachten, nicht direkt der Kfz-Werkstatt den Auftrag zur Reparatur zu geben (viele Werkstätten bieten eine "besonders" schnelle Abwicklung mit der Kfz-Versicherung an), sondern bei einem Schaden über 750,00 Euro ein Sachverständigengutachten anfertigen zu lassen, welches gerade im Falle einer teureren Reparatur greift und somit das Prognoserisiko auf den Schädiger fällt. Die gegnerische Kfz-Versicherung ist so nahezu verpflichtet auch Reparaturen innerhalb dieser Grenze zu zahlen.
Der Unfallgeschädigte sollte besonders auf eine korrekte Ermittlung des Wertverlustes des Fahrzeuges hinsichtlich Wiederverkaufswert und durch den nun entstandenen Unfallschaden achten und eventuell abweichende Vorstellungen notfalls mit Hilfe einer Rechtsschutzversicherung oder eines eigen beauftragen Anwalts durchsetzen. Ebenso kann bei einer geteilten Schuld die Prüfung durch einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt lohnenswert sein, da dieser die Schuldfrage eventuell zu eigenen Gunsten verschieben kann, in dem weiterführende Untersuchungen angestellt oder z.B. mehr Zeugenaussagen angefordert und gesucht werden.
Fazit zum Prognoserisiko der Kfz-Versicherung
Man kann klar erkennen, dass es nicht einfach ist, im Falle eines höheren Reparaturwertes durch Instandsetzungsmaßnahmen die Kosten übernommen zu bekommen. Hierbei gilt es, auf jeden Fall ein aussagekräftiges Gutachten anfertigen zu lassen, um einen Beweis, auch eventuell vor Gericht, zu haben.
Weiterhin gilt es, ein begründetes Interesse an der Reparatur dieses betreffenden Fahrzeuges zu schildern (persönliche Erinnerungen, emotionaler Wert, etc.), um die Versicherung von der Sinnhaftigkeit dieser Reparatur zu überzeugen.
Durch den Abschluss einer Verkehrsrechtsschutzversicherung kann man seine Interessen waren und auch bei strittigen Fällen eine Lösung finden, bzw. sein Recht effektiv durchsetzen und verteidigen.